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Jesse Livermore – Vom Feldarbeiter zum Börsenmillionär

zuletzt aktualisiert 28. Februar 2022 von Thomas

Jesse Livermore ist ein außergewöhnlicher Börsenspekulant, denn er hat sein riesiges Vermögen von vielen Millionen Dollar innerhalb kürzester Zeit aus dem Nichts erschaffen und mehrfach verloren. Besonders durch seinen hochspekulativen Handel, der viele Höhen und Tiefen verursachte, erlange er eine große Bekanntheit.

Er begann sehr früh mit den Aktienhandel. Im Jahr 1892 kaufte er im jungen Alter von 15 Jahren fünf U.S. Steel-Aktien zum Kurs von 10 Dollar. Bereits zwei Tage später verkaufte er diese mit einem Gewinn von 3 Dollar. Ein Gewinn von 3 Dollar klingt für die meisten jetzt erst einmal wenig, für den jungen Jesse war das aber eine Menge Geld. Er verdiente zu diesem Zeitpunkt nur 6 Dollar die Woche, was für die damalige Zeit auch schon deutlich mehr war als heutzutage.

Mit diesem Deal war eine neue Börsenlegende geboren, welche sich zu einem der besten Trader aller Zeiten entwickeln sollte.

Das Leben von Jesse Livermore

Mit 14 Jahren begann Jesse Livermore eine Stelle als Board Boy bei einem Börsenmakler. Seine Aufgabe war es, die neuen Kursnotierungen auf eine Kurstafel zu schreiben. Dabei fiel ihm auf, dass die Kurse einem bestimmten Muster folgen.

Er begann seine Beobachtungen aufzuschreiben und stellte Prognosen über die künftigen Kursverläufe auf. Als er bemerkte, dass er mit seinen Prognosen meistens richtig lag, begann er in sogenannten Bucket Shops auf Kursbewegungen zu spekulieren.

Bucket Shops gab es Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts vornehmlich in Nordamerika. Man konnte dort an der Wall Street notierte Aktien zu Vergangenheitskursen kaufen, die Kaufaufträge wurden aber nie am realen Aktienmarkt ausgeführt. Es wurde auf das Steigen oder Fallen einer Aktie gesetzt. Anstatt die Aktien zu kaufen, wettet der Anleger gegen den Shop. Um eine solche Wette einzugehen, musste der Anleger einen kleinen Prozentsatz des Kurswertes als Margin hinterlegen. Fiel die Aktie unter diese Margin, behielt der Bucket Shop die Margin ein und der Anleger hatte seinen Einsatz verloren. Lief die Aktie hingegen in die richtige Richtung, musste ihm der Bucket Shop die Differenz zwischen Kaufkurs und Verkaufskurs auszahlen. Der Bucket Shop machte Gewinn, wenn der Anleger verlor und strich Verluste ein, wenn der Anleger richtig lag.

Für die Bucket Shops war das ein sehr gutes Geschäft, denn die meisten Kunden verloren ihr Geld. Nicht aber mit Livermore, da er meist gewann und mit immer höheren Einsätzen spekulierte. Damit wurde er für die Shops zu einem Problem. Es ging so weit, dass sich einige Shops weigerten von ihm weitere Order anzunehmen oder warfen ihn einfach aus ihren Shops.

Da er an seinen Wohnort nicht mehr handeln konnte, zog New York und eröffnete ein Konto bei einem Börsenmakler. Hier musste er feststellen, dass seine bisherige Methode am richtigen Aktienmarkt nicht funktionierte. Das lag daran, dass in den Bucket Shops keine richtigen Aktien gehandelt wurden. Er konnte dort zu den Kursen handeln, die an der Kurstafel angeschlagen waren. Gab er seine Order hingegen bei einem Börsenmakler auf, musste dieser die Aktie tatsächlich erst an der Börse kaufen.

Zwischen Order und Kauf verging also einige Zeit, was dazu führte, dass Livermore nicht zu dem von ihm erwarteten Preis handeln konnte.

Ein noch gravierender Unterschied war, dass Livermore in den Bucket Shops immer nur eine genau festgelegte Menge an Geld verlieren konnte. Durchbrach der Kurs die Margin, verlor er nur den von ihm eingesetzten Geldbetrag. An der Börse hingegen war sein Verlust nicht nach unten begrenzt. Da er immer auf Kredit spekulierte, konnte er schnell zu erheblichen Nachzahlungen verpflichtet werden, wenn er nicht rechtzeitig aus einer Position herauskam.

Für Livermore, der bis jetzt eine Art von kurzfristigem Daytrading betrieben hatte, wurden diese neuen Bedingungen zu einem großen Problem. Innerhalb der ersten drei Jahre an der New Yorker Börse ging er zweimal bankrott.

Die erste Million

Nachdem er an der Börse alles verlor, begann er sich durch Trading in Bucket Shops wieder etwas Startkapital aufzubauen-damit kehrte er an die Börse mit einer neuen Trading-Strategie zurück.

Er setzte nun auf langfristige Trendbewegungen (Sieh dir dazu auch unser kostenloses Trading-Seminar an, in dem wir genau diese Strategie erklären), anstatt wie bisher aus seinen Positionen ständig ein- und auszusteigen.

Da er auf Kredit und immer mit hohem Einsatz spekulierte, konnte er sein Vermögen schnell vervielfältigen. Dadurch, dass er früh die ersten Anzeichen des Baisse 1907 erkannte und entsprechende Schritte einleitete. Verdiente er durch den Kurseinbruch schließlich seine ersten Millionen.

Der Bankrott – Vom Millionär zum Schuldner

Kurze Zeit später folgte er dem Rat eines angesehenen Rohstoffspekulanten und investierte mit einer großen Summe am Markt für Baumwolle. Seine Spekulation schlug jedoch fehl. Dadurch verlor er sein ganzes Geld und hatte Schulden bei mehreren Brokern.

Um wieder auf die Beine zu kommen versuchte er auf Kredit weiter zu spekulieren. Doch er merkte, dass ihn die Schulden mental zu stark belasteten und er keine guten Entscheidungen mehr treffen konnte. Daher entschloss er sich Privatinsolvenz anzumelden.

Hier ist schön zu sehen, wie wichtig die richtige Trading-Psychologie für den langfristigen Erfolg an der Börse ist.

Das Comeback – die nächsten Millionen

Nach einer etwas längeren Pause begann Livermore zu Beginn des ersten Weltkriegs wieder mit dem Aktienhandel. Die europäischen Staaten begannen zu dieser Zeit große Mengen an Waren und Rohstoffen aus den Vereinigten Staaten zu kaufen.

Livermore sah darin eine Chance und setzte daher auf steigende Aktien- und Rohstoffpreise und konnte so wieder große Gewinne einräumen.

Obwohl er rechtlich dazu nicht verpflichtet war, zahlte er alle seine früheren Schulden zurück.

In den folgenden Jahren wurde Livermore zu einer der dominierenden Figur an der Wallstreet. Zu dieser Zeit hatten einzelne Trader deutlich mehr Einfluss auf das Börsengeschehen als heute. Auch Livermore gelang es manchmal die Kurse von Aktien oder Rohstoffen in die von ihm gewünschte Richtung zu drücken.

Der Crash von 1929 – Über 100 Millionen Dollar Gewinn

Durch sein gutes Gespür konnte er durch den Crash 1929 sein Vermögen vervielfachen. Er baute vor dem Crash eine große Shortposition auf. Nachdem er nach dem Kurseinbruch seine Position wieder geschlossen hatte, hatte er mehr als 100 Millionen Dollar verdient.

Dadurch warfen ihm einige Zeitungen sogar vor, dass er für den Crash verantwortlich war, sodass er in den folgenden Jahren teilweise heftigen Anschuldigungen ausgesetzt war. Was ihn psychisch zunehmend belastete.

Auch diesmal konnte sich Livermore seiner Gewinne leider nicht allzu lange erfreuen. Bereits im Jahre 1934 hatte er den Großteil seines Geldes durch seine hochspekulativen Einsätze wieder verloren und musste erneut Insolvenz anmelden. Es gelang ihm auch diesmal wieder seine Verbindlichkeiten nach einigen Jahren zurückzuzahlen aber an seine alten Erfolge konnte er nicht mehr anknüpfen.

Am 28.11.1940 beendete Livermore, der während seines gesamten Lebens an Depressionen gelitten hatte, sein Leben, indem er sich mit einem Revolver erschoss.

Die Trading-Strategie Von Livermore

Livermore notierte sich die Kurse in einem von ihm entwickelten Tabellensystem, das heute als Livermore Market Key bekannt ist.

Er versuchte dabei nicht eine Aktie besonders günstig zu kaufen, sondern er wartete bis die Aktie sich in die von ihm prognostizierte Richtung bewegte.

Bevor er in eine Aktie einstieg, wartete er also auf eine Bestätigung von Seiten des Marktes. Dazu legte er einen Punkt fest, den die Aktie übersteigen musste, bevor er bereit war in die Aktie zu investieren. Pendelte eine Aktie beispielsweise in einer Range, so wartete er, bis die Aktie nach oben aus dieser Range ausbrach, bevor er einen Kauf tätigte.

Die Punkte, die eine Aktie vor einem Einstieg erreichen musste, nannte er Pivot Punkte. Außerdem sah er vor allem signifikante Hochs und Tiefs als erfolgversprechende Pivot Punkte an. Er hatte die Beobachtung gemacht, dass Kurse, nachdem sie zum ersten Mal eine glatte Zahl wie 100, 200 oder 300 durchbrechen, oft zu einem Rally ansetzten.

Außerdem sah er langfristige Hoch- und Tiefpunkte als mögliche Einstiegspunkte.

Entschied er sich für den Kauf einer Aktie, so stieg er in mehreren Teilschritten ein. Im ersten Schritt investierte er nur eine relativ kleine Menge. Stiegen die Kurse weiter an, baute er nach und nach seine Position aus, bis er den vollen Betrag investierte.

Um den Mark zu testen, nutze Livermoore die einzelnen Orders. Konnte sein Broker seine Order nur schwer und zu einem höheren Preis ausführen, so deutete dies auf einen starken Markt hin. Was ein gutes Zeichen ist, deshalb setzte Livermore dann seine Käufe fort. Konnte sein Broker hingegen ohne Probleme Verkäufer zum gebotenen Preis finden, deutete dies auf einen schwächeren Markt hin und Livermore hielt sich mit weiteren Käufen zurück.

In den Bucket Shops wurden Positionen nach 1,5 Prozent Verlust automatisch geschlossen. Dieses Vorgehen übernahm Livermoore nach dem ersten Rückschlag an der Börse. Wenn seine Positionen einen festgelegten Kurs unterschritten, schloss er sie. Bewegte sich der Kurs der Aktie danach wieder in die richtige Richtung, stieg er wieder ein. Dieses System empfehle ich auch heute noch allen Tradern, am besten mit automatischen Stop-Loss-Ordern.

Dieses System der Verlustminimierung funktionierte aber nur solange seine Positionen nicht allzu groß waren.

Einer der Gründe für Livermores teilweise heftige Verluste war, dass seine Positionen so groß waren, dass er sie nicht abstoßen konnte, ohne eine massive Kursbewegung auszulösen. Hatte sich der Kurs hingegen eine Weile in die richtige Richtung bewegt, war Livermore auch bereit kleinere Gegenbewegungen auszusitzen, solange der übergeordnete Trend bestand hatte.

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